Rettungshundelehrgang Höchstadt/Aisch

 

Rettungshundeseminar in Höchstadt

(Ein Bericht über drei aufregende Tage)

 

Suchauftrag: Absuchen des rechten Flussufers der Aisch (in Flussrichtung) von Höchstadt-Großparkplatz bis Gremsdorf nach vermissten Personen. Vom Ortsrand bis zur Aischbrücke gehen. Dort ist der nächste Treffpunkt und dort sollen weitere Instruktionen entgegengenommen werden. Ab- und Rückmeldung in der Einsatzleitung dringend erforderlich“

 Mit diesen Instruktionen und einem Lageplan begann am Abend des zweiten Tages der spannendste und interessanteste Teil eines Rettungshunde-Lehrgangs für Anfänger bei der SV-Ortsgruppe Höchstadt/Aisch.

 Doch der Reihe nach:

 Da wir uns nach erfolgreichem Bestehen der RH 1, der Rettungshundeprüfung 1, voller Elan auf die nächste Prüfung, die RH 2 stürzen wollten, meldete ich mich mit meinem Briard-Rüden Malou zu dem Lehrgang an, der in Zusammenarbeit mit der Rettungshunde-Staffel Erlangen Höchstadt im BRK stattfinden sollte.

 Die RH 1 war für Hunde, die bereits eine Begleithundeprüfung beherrschen noch relativ einfach zu bewältigen, kamen doch zu dem bereits bekannten Unterordnungsteil nur einige kleinere Geräte (drei kleine Hürden, ein Laufsteg und ein so genanntes Trümmerfeld, welches es zu durchqueren galt), ein Teil „Suchen“, der wahlweise als Fährte oder Flächensuche durchgeführt wurde, eine kleine Anzeigeübung (der Hund muss eine am Boden kauernde Person durch Bellen anzeigen) und das „Tragen und Übergeben“  dazu. Hierbei muss der Hund vom Hundeführer ca. 10 m weit getragen und an eine andere Person übergeben werden, die den Hund dann weitere 10 m trägt und abstellt. Nachdem sich diese Person vom Hund entfernt hat, wird er vom Hundeführer abgerufen. 

Die RH 2 ist da schon ein ganzes Stück weit anspruchsvoller und den genauen Prüfungsablauf kannte von uns niemand. Wir versprachen uns also viel von dem Lehrgang und unsere Erwartungen wurden mehr als übertroffen.

 Bereits am Freitagabend bekamen wir einen höchst interessanten und perfekt präsentierten Vortrag über das so genannte „Mantrailing“ zu hören.

Beim Mantrailing, das bei der Suche nach vermissten Personen angewendet wird, verfolgt der Hund eine individuelle Geruchsspur, die von der vermissten Person hinterlassen wurde. Hierbei verfolgt der Hund diese Spur nicht nur in Wald- und Wiesengebieten, sondern auch durch belebte Innenstädte, auf reinen Asphaltstraßen, in Gebäuden voller Menschen, ja teilweise sogar im Wasser, ohne sich hierbei durch andere Gerüche ablenken zu lassen.

 Ein Hund ist hierbei sogar in der Lage, eine bis zu sieben Tage alte Spur zu verfolgen, selbst wenn es in der Zwischenzeit geregnet hat, oder Autos, Menschen und Tiere die Spur gekreuzt haben. Er ist sogar fähig, zu unterscheiden, welche von zwei Spuren der gesuchten Person älter oder jünger ist und verfolgt stets die jüngste Spur. Dies ist häufig bei der Suche nach verwirrten Menschen erforderlich, wenn diese etwa mehrfach an derselben Stelle vorbeikommen. 

Der Hund bekommt einen Gegenstand der vermissten Person vorgehalten und speichert dieses „Geruchsbild“ wie ein Foto in seinem Gehirn ab. Sofern kein Gegenstand verfügbar ist, den die vermisste Person als letzte in der Hand gehabt hat, genügt es sogar, den Hund am Türgriff eines Pkw oder am Autositz riechen zu lassen, um ihm den genauen Anhaltspunkt zu geben, welchem Geruch er folgen soll. Dieses individuelle „Geruchsbild“ wird dann über längste Strecken hinweg zielstrebig verfolgt.

 Die Ausbildung solcher Hunde (und der Hundeführer!) ist sehr zeitaufwendig und wesentlich umfangreicher als die Ausbildung anderer Fährten- und Stöberhunde. Eine perfekte Zusammenarbeit zwischen Hund und Hundeführer ist sowohl bei der Ausbildung, als auch später im Einsatz erforderlich, damit der Mensch auch in der Lage ist, seinen Hund zu „lesen“, d.h. die individuellen Verhaltensweisen seines Tieres immer richtig zu deuten.

 Nachdem uns ausführlich erklärt wurde, wie Mantrailing-Hunde ausgebildet werden und worauf hierbei alles zu achten ist, bekamen wir noch zahlreiche Beispiele bisher erfolgter Einsätze geschildert und verschiedene kleine Filme über die Ausbildung gezeigt. 

Jeder Zuhörer war beeindruckt von dem was er zu hören bekam und der eine oder andere stellte sich dann doch die Frage, weshalb sich der eigene Hund um Himmels willen manchmal beim Verfolgen einer drei Stunden alten, maximal 1200 Schritt langen Fährte soooo anstellt. Wenn man hört, zu welchen Leistungen Hunde eigentlich in der Lage sind, liegt der Verdacht nahe, dass der Hundeführer nicht so ganz unschuldig ist

;-)

Nach dem relativ ruhigen Auftakt am Freitag ging es am Samstag für uns und unsere Hunde dann voll zur Sache. In Gruppen zu je fünf Hunden begannen wir morgens mit der Gerätearbeit. Hierbei war es schon interessant zu sehen, wie die Hunde, die teilweise die Geräte ja schon kannten auf einem fremden Platz erst einmal zögerten. Gut, die Leiter hatte schmalere Sprossen und war auch höher als auf dem eigenen Platz. Gut, sie wackelte auch ein bisschen. Aber trotzdem… ein bisschen Überredungskunst brauchte es jedenfalls bei etlichen Hunden, bis am Ende auch dieses Gerät souverän überquert wurde.

Der Tunnel war bekannt und machte, wie immer, den Hunden einen Riesenspaß. Die Wippe war dann schon etwas schwieriger, weil wir bisher immer neben unseren Hunden her gelaufen waren und sie kurz vor dem Kippen der Wippe etwas abgebremst hatten. Prüfungsmäßig bleibt der Hundeführer jedoch am Anfang der Wippe stehen, der Hund geht langsam (!) bis zum Kipppunkt, bleibt auf der gekippten Wippe ruhig (!) stehen bis er das Kommando zum Verlassen der Wippe bekommt und verlässt erst auf Anweisung die Wippe um dann auf Kommando ins „Platz“ zu kommen. Ist das schwer für einen Hund, der am liebsten sämtliche Geräte mit ca. 100 km/h durchläuft!!! 

Weitsprung und Hürden sorgten dann wieder für etwas Auflockerung, bevor der Laufsteg dann wieder langsam überlaufen werden musste. Unglaublich, wie schnell ein halber Vormittag vergehen kann.

Nach den Geräten ging es ab zur Abteilung Unterordnung. Ein Teil der Übungen war den Hunden aus der Begleithundeausbildung oder dem Training zur RH 1 schon bekannt. Neu ist nun, dass beim Durchqueren der Gruppe nicht nur der HF des abgelegten Hundes mit in der Gruppe ist, sondern auch zwei Hunde. An Übungen kommt zum „Sitz“ und „Platz“ aus der Bewegung nun auch noch das „Steh“ dazu, außerdem muss der Hund zehn Meter kriechen (der Hundeführer darf dabei, wenn er das denn wirklich möchte, neben seinem Hund her kriechen), und einen Gebrauchsgegenstand apportieren. Wer hier glaubte, dass das für einen Hund, der schon mehrfach bei Prüfungen apportiert hatte, ein Klacks wäre,    war dann teilweise doch überrascht. Alle Hunde liefen flott los, das weggeworfene Federmäppchen zu holen. Alle nahmen es auf. Dass man mit einem so tollen Spielzeug jedoch flott zum Hundeführer zurücklaufen, dann korrekt vorsitzen und auf Kommando das tolle Teil auch noch sofort abgeben soll, war für einige dann doch nicht so ganz einleuchtend. Zwei, drei Durchgänge lösten jedoch auch dieses Problem. 

Vor dem Mittagessen ging es dann noch geschlossen in den Wald zur Flächensuche.

 

Je nach Ausbildungsstand der Hunde (auch die Welpen und Junghunde machten hierbei mit!) wurde entweder mit einer Eigensuche begonnen (der Hund wird festgehalten, während der HF wegläuft und sich versteckt)

oder die so genannte „Opferbindung“ gefestigt. Hierbei lernt der Hund, dass bei der Personensuche der Hundeführer furchtbar langweilig ist, während es beim Opfer immer riesig viel Spaß gibt durch Spielen oder Füttern. Dies bringt ihn dann dazu, dass sein größtes Interesse dem Aufspüren der gesuchten Person gilt. Oder es waren fremde „Opfer“ aufzuspüren, die in Büschen, hinter Bäumen oder in Erdkuhlen lagen.

Nachdem die Opfer gefunden waren, mussten sie durch Verbellen (ohne die armen Opfer zu belästigen) oder durch Rückverweisen (der Hund läuft zum Hundeführer zurück, zeigt durch Bellen an, dass er jemanden gefunden hat und läuft so lange zwischen Opfer und Hundeführer hin und her, bis das Opfer geborgen ist) anzeigen.

Die nun folgende Pause mit Mittagessen war sowohl Hunden, als auch Menschen sehr willkommen.

Nach einer kurzen Ankündigung des Abend- bzw. Nachtprogramms ging das Training weiter. Jetzt war das so genannte „Detachieren“ zu üben. Hierbei wird der Hund zu einem Kegel geschickt, der zehn Meter vor dem Hundeführer steht.
Dort muss er sich hinsetzen, -stellen oder –legen und wird (ohne dass der HF seine Position verändert) zu drei Tischen geschickt, die zehn Meter rechts, links und vor dem Kegel stehen. Auf diese Tische muss der Hund aufspringen und dort verharren, bis er vom Hundeführer weiter geschickt wird.

Die Reihenfolge, in der der Hund die Tische anlaufen soll wird erst bei der Prüfung vom Richter bekannt gegeben und ist jedes Mal anders. Nach dem letzten Tisch wird der Hund wieder zum Hundeführer gerufen. 

Diese Übung ist natürlich nicht in ein paar Stunden zu bewältigen, kleinere und größere Fortschritte waren jedoch bei allen Hunden zu bemerken.

Zum Abschluss des Nachmittags durften wir dann noch einen neuen Parcours entwickeln und mit den Hunden durchlaufen. Mit einer Riesengaudi wurden hierfür die vorhandenen Geräte zweckentfremdet und umgebaut, die armen Trainer als Menschenbrücke, die von den Hunden zu überqueren war, missbraucht, und neue Übungen erfunden.

 Danach durften Hund und Mensch erst einmal ein paar Stunden verschnaufen, bevor der bereits angekündigte Nachteinsatz begann. 

Obwohl die Trainer am Vortag zum großen Teil wegen eines echten Nachteinsatzes nur eine Stunde geschlafen hatten, stellten sie eine wirklich beeindruckende Tour zusammen.

 Alle zehn Minuten startete ein Team aus Hund und Hundeführer, um in der stockdunklen Nacht die „Verletzten“ zu finden. Schon der Start war aufregend, Blaulicht leuchtete, unsere Trainer waren in Einsatzkleidung und mit Funkgeräten bewaffnet vor Ort um uns einzuweisen. Taschenlampen wären sicher hilfreich gewesen, hat man jedoch einen Hund dabei, der wesentlich lieber den Lichtkegel der Lampe fängt als sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, muss man sich halt ohne Licht zurecht finden.  

Über Wassergräben und durch Wiesen ging es immer am Ufer entlang bis zum ersten Opfer, welches gut getarnt in einer Hecke lag. Malou, der diese Art Arbeit überhaupt noch nicht kannte, reagierte nicht besonders beeindruckt. Schließlich hat er jahrelang gelernt, dass Personen, die er auf einem Spaziergang trifft, nicht  zu verbellen sind. Ein kurzes Schnuppern, aha, da liegt jemand, und weiter ging’s.

Alle anderen Hunde zeigten jedoch brav durch Verbellen an, dass hier jemand dringend Hilfe brauchte.

 Nach dem zweiten gefundenen Opfer erfolgte weisungsgemäß die Abmeldung bei der Einsatzleitung und wir wurden zu einem weiteren Treffpunkt geschickt.

 Als wir dort von einem Einsatzfahrzeug aufgesammelt wurden, dachten wir, erschöpft vom nächtlichen Wandern, dass wir nunmehr zum Ausgangspunkt zurückgefahren würden. Aber, falsch gedacht. Wir wurden zu einem anderen Platz, direkt an der Aisch gefahren, wo schon von weitem am Blaulichtleuchten zu erkennen war, dass uns noch eine weitere Attraktion erwartete.

Mitglieder der DLRG hatten mit viel Mühe extra für uns ein Boot zu Wasser gelassen, in das wir nunmehr mit unseren Hunden verfrachtet und ans andere Ufer übergesetzt wurden. Zum Glück machte das Schaukeln in dem relativ engen Boot unseren wesensfesten Hunden keinerlei Probleme.
   
Ganz sicher waren wir vorher nicht, wie unsere Hunde auf diese völlig neuen Situationen regieren würden. So gegen halb zwei Uhr morgens war unser Einsatz dann erfolgreich beendet. Alle Opfer waren geborgen, kein Team hatte sich verlaufen, niemand war ins Wasser gestürzt und für uns war ein sehr ereignisreicher Tag zu Ende gegangen.

 So aufregend und spannend der ganze Tag für uns war, wurde es uns jedoch immer wieder bewusst, dass es sich bei der Rettungshundearbeit nicht um Spiel und Sport handelt, sondern um ein sehr arbeitsintensives Training, um die Hunde so weit zu bringen, einmal Menschenleben zu retten, oder Tote zu finden. Dass die psychische Belastung für die Hundeführer in der Einsatzsituation enorm ist, konnten wir uns nun noch besser vorstellen, als vor diesem Training. 

Am Sonntag wurde dann noch mal im Wald die Personensuche geübt, und nach dem Mittagessen ein Vortrag über Stresssignale beim Hund gehört. 

Erschöpft, aber schwer beeindruckt machten wir uns gegen Abend auf den Heimweg, um in den nächsten Tagen die vielen neuen Eindrücke und Erkenntnisse erst einmal zu verarbeiten. 

Auf diesem Weg noch mal herzlichen Dank an die Organisatoren dieses Wochenendes, allen voran Frau Edith Mühlhans, der Rettungshundebeauftragten der Landesgruppe Bayern Nord, aber auch den zahlreichen Helfern, die ein ganzes Wochenende und mehr geopfert hatten, um dieses Seminar so erfolgreich durchzuführen. Wir freuen uns jetzt schon auf eine Fortsetzung im nächsten Jahr!

 Fotos: Michael Schäfer, Arbeitsgruppe Niedermurach

Hier gibt es weitere Fotos...